Sag mir

Ein Ganzes – wann gab es das? – kehrt in Splittern
dir im Rücken, ritzen
das blankgeschliffne Beil
teilt Rumpf und Kopf
in rote Diamanten.
Sag mir, ob jemals etwas zustande gebracht?
Schweißtropfen vergeblichen Bemühens, das Gedicht aber
will Blut.

Dreck von Gestern – nie hört es auf? – schäumt
in Blasen, der ewige Faschismus,
Windjacken behängte Skelette ohne Rückgrat,
in Selbstsucht
nach Triumphen gieren, zerstören
Empfindung Weisheit Lied:
Wölfe.

Heiße Blutgier im Blick, Metallzungen
Beile aus Worten, mit jedem Splitter
wachsen Grenzen, sprechen Fäuste.
Schwarzer Block, auf dem die Freiheit
liegt, verschnürt um Atem ringend, ein nasses Kissen:
Würde.

Ausgebeint die Liebe, um Suppe
zu kochen, Splitter tausendfach tanzen
dir im Rücken, furchen
das Fleisch, die Münder aufgespannt:
Sag mir

Großzügig verschenkt die Zeit ihre Bilder

Wir stehen einander gegenüber,
mahlend, schmatzend,
stakst ihr zwischen Heidepflanzen,
starr zitternder Bewuchs,
ein offener Kreis
aus Tieren, behörnt zottelig schön.

Ich beobachte die Ziegenherde, wie ihr
vor achttausend Jahren kaut und wiederkäut,
ein offener Kreis
schaut ihr zu mir durch die Zeit,
auf dem Sprung.

Achtsam schreitet ihr,
jeder Schritt gewusst,
die borstige Mahlzeit verbeißend,
die Zeit zwischen uns
ein offener Kreis
gekreuzte Blicke aus Jahrtausenden,
Spuckfäden gewebter Erinnerungen.
Hungrig senkt sich der Blick.

Wecker Weh Benjamin

morgendlich
angeschmiegte Kinderseite,
im Halbschlummer experimentell
Möbel rücken, im Dunkel
Schemen gelebter Augenblicke,
Träume zu Hoffnung
schichten,
in geheimer Sprache,
das Erwachen
in die Zukunft zögern,
hineinträumen hoffen.

Vor Morgengrauen

Gedichte als Loseblattsammlung

Haltestelle

Erinnerungen
stürmen die Bettstatt.
Ich rutsche zur Seite.
Dein warmer Körper
aus Worten.

Einsteiniade

Im Schlaf
besteht der Raum
aus Zeit.

Traumbahnhof

Der Nachtzug steht.
Nebenstrecke Abstellgleis?
Schweissnaß am Amazonas?
Schritte Schreie lange Schatten?
Spiegel ohne Gesicht?
Frierend im Schneegestöber?
Gefesselt in der Schulbank?
Im Schlafanzug auf dem Mittelstreifen?
Gott König Vater Strafgericht?
Kein Ort Nirgends?
Herzklopfen Wasserhahn Stille?
Mondhell Nebel Stimmen?
Steht die Haustür offen?
Nimmerland?

Sehnsucht

Spannung genug
über den Fluß
Innerste
Äußerste
in Bewegung
zu halten
Innen Außen
Ufer zu Ufer
Rand Midlum Rand
Oben Unten
KURZ, das Ganze
sammen zu halten
im Gleichgewicht
Schraube und Fundament
Gram und Sumpfteich
Luft und Feder
Kern und Umfang

Innerste
Äußerste
Spannung genug
zu halten
Anspruchsgewicht
Anforderungsgewicht
Antriebsgewicht
gelingt
nicht.
Typisch Morgengrauen.

Glück der Erddrehung

Schlaf und Frieden
träumen des Nachts
das Glück der Erddrehung:
schwarze Blicke.

Hundszunge

Wer bin ich?
Hundszunge,
schwimmendes Tuch,
schwebender Schatten?
Wer?
Im Maul der schlafende Fisch.
Die Worte liegen auf Grund.
Wer bin ich?

Leibesübungen

Heute
stehen in vorderster Linie
die Toten von morgen,
usw.

Plastik

Im Ball
aufgepumpt
Étienne-Louis Boullée
aus Nichts
klebriges Plastik am Knochen
im Kopf innen
im Ball im Kopf
aufgepumpt
ein Sternenmeer
im Planetarium
kugelförmige Leinwand
aus klebrigem Plastik
Ball im Kopf
bis an die Ohren
an die Augen
am Hinterkopf
sämtliche Aus- und Einlässe
verklebt mit dem Boullée’schen
Modell eines sprechenden Balls
drückt der Sternenwind
die Leere im Inneren ein Sturm
aus Licht ein Rauschen
Zypressen unter dem Lichtermeer
Noise aus All
Gepumpter Ball
im Kopf das Kenotaph
Druck aus weißem Sternenlicht im schwarzen Lochkopf im Kopf
projiziert Boullée den Sternentanz
im Dunklen das Helle
Guillotine im Lichtkopf
im Ball
im Kopf
im Schwarz
im Rauschen
All Ball Kopf
Knall

Tagesfrucht

Die Tagesfrucht fällt
von Woche zu Woche früher
zu Boden;
von Furcht geerntet
schnellt die samtene Nachtstunde
in schwarze Traumhöhen;
Tor, Klippe, Vorhang,
Modell der Gier.

Rezept

Halbgar in Bettsoße,
betrachte ich die Traumeinträge
der Nacht: Nichts dabei heute.

Hinter dem Vorhang

auf der Seitenbühne
wattefarbene Gestalten
in klammer Morgenkälte
warten ohne Stichwort
angelehnt angewachsen
der Auftritt
scheidet die Farben

ein Windhauch streichelt
das Schilf, fächelt in Wellen
knarrendes Wiegen in der Stille
geschnittener Atem

vor dem Schritt ins Licht
atemlose Scham und Angst
wispern zischen hauchen
Stimmenvoyeure gieren
Schleier der Ungewissheit

Blickfang der Träume
Schwarze Schatten
Kostüme aus Eifersucht
soufflierende Roben
der Tag webt bleiern
graue Blätter

aufspringende Regentropfen
überstimmen die Sekunden

N.N.

Meine Kopfsuppe gerät zur Trübe.
Kormorane hocken auf dem Schädelrand, fischen Bröckchen.

Last Exit Sounds, yeah

Die Reise geht ins Jenseits,
töff töff,
klapper klapper
zisch zisch.

Rechts und links winken Umwege,
tröt tröt,
offen die Tür straight durch die Mitte,
quietsch quietsch.

Leinen los,
hup hup,
Atem los,
pfft pfft.

Nähe der Erinnerung

Lichtblasen,
Spektrum aus Zeit,
Farbenspiel im Prisma,
scharfes Klingen befreundeter
Stimmen,
Wellen
wärmender Erinnerungen,
Bilder,
Begegnungen,
Körper:
Schleier aus Tropfen.

ohne Titel

Schrei aus Stille
heißt es,
dabei auch ohne
Licht.

Schatten der Sphinx

Nacht für Nacht
Reisen ohne Räder in Rätseln
ohne Lösung

Zweifel

im Brustkörbchen
schlägst du
für mich;
im Brustkörbchen
schlägst du
für dich;
schlägst du für dich oder
schlägst du für mich oder
schlägst du für uns?

MiroirrioriM

Shuttle Spiegel Schatten
flatternde Roben
unbunte Raben
Zeitläufer
Abgesänge lyrische
Zimbeln verstärkt
im Tunnelschwarz
scratching double
Backofengrab bye bye
signature farewell
on gateway seven.

ohne Titel

Ich
will
sprechen,
doch
fehlt
die Schüssel mit
Erbrochenem.

Gewissheit

Die Frühjahrsblüte kommt
ohne meinen Blick
aus.

Guter Hoffnung?

Hoffnungsvoll
stimmt die
Gewissheit:
Auch Quälgeister sind
Sterblich.
Furchtbar
stimmt die
Gewissheit:
Auch Quälgeister sind
Fruchtbar.

Einstimmig

Das Ohr am Kopfkissen
lauscht dem Herzschlag: Klingt
deine Melodie
im Sound der Zeit?

Winterende

Stichstraße gen Süden.
Gipfelkranz verzuckert, verschämt verborgen
im Tiefgang der Wolken;
Geometrie in Kalk, Logenfries:
Arena dem oberen Dorf – ein Blickfang.

glucksen gurgeln
in Röhren in Bächen
tropfen Zapfen fließen:
Tau.
Sonatine memoriert,
Knospe des Vorfrühlings;
die Sonne schneidet
scharfkantige Bergspitzen,
wärmt den Flecken, Lichtschwerter,
Dächer Jacken Wiesen.

Fackelmänner in Rotloden
kreuzen unter LED-Laternen
erblindete Kapellen;
Torten aus Gneis aus Geröll,
silbern gefasst – ein Schlussstein.