Belgische Schamanen

Die Toten würfelten mit rosinengroßen Gehirnen, als Trommeltöne sie riefen. Eine Schamanin aus Belgien, groß gewachsen, schwarzhaarig, hockte in einem pränuraghischen Höhlengrab und schlug die „Blume des Lebens“. Sie blickten einander in die Augenhöhlen, die Schamanin und die Toten, die an den Stränden der Unterwelt ein entspanntes Leben führten. Robert Redford war gerade angekommen, die Schlange der Wartenden endlos und ständig warfen sie Münzen, um die Reihenfolge zu ändern.

Die Schamanin wollte einen Blick ins Jenseits werfen, Fühlkontakt aufnehmen. Doch die Toten scherten sich nicht um sie, rasselten fröhlich, sie werde noch genug Zeit haben das Jenseits zu erkunden, ewig sozusagen. Gekicher.
Sie erzählten vergnügt von dem Kurzfilm ‚La Pluie‘, den Marcel Broodthaers, ein echter belgischer Schamane, kürzlich unter begeistertem Gröhlen vorgeführt hatte. Ein Zauber, der Buchstaben in Tränen verwandelt. Der Kunstregen aus Wassereffekten hatte das Publikum zum Toben gebracht.

Das Gespräch erstarb, bevor es begonnen hatte. Die enttäuschte Schamanin stieg in den Mietwagen und nahm das Flugzeug zurück nach Belgien. Die Toten musizierten und klapperten mit den Knochen, Tonspur zu einem neuen cinéastischen Fest. Mal sehen, welche Schattenspiele Robert, The Lion, im Gepäck hat.

Ladder – Andreas Slominski

Ladder © Andreas Slominski, Martin Kreyssig 1998

Andreas Slominski, manifesta 2, Luxembourg 1998, Videofilm, Länge: 2:53 min

Eine Aktion von Andreas Slominski, der eine Holzleiter durch eine Tür trägt. Der Film konzentriert sich auf die Vor- und Nacharbeiten der Handwerker und bereitet so den Platz für die echten Gesichter, Handlungen und Fertigkeiten im Kunstgeschäft.

»German artist Andreas Slominski attempted to enter one room of the Casino Luxembourg with a ladder in a horizontal position. However, as the door was too narrow, outlines of the ladder were cut into the wall. Once the ladder was inside the room, the wall was repaired and a video of this process was projected serving as a reflection on the reception and production of the artistic process.«

Source: https://www.manifesta.org/editions/manifesta-2-luxembourg/participants

Ladder, Andreas Slominski, manifesta 2, Luxembourg 1998, Videofilm von Martin Kreyssig

The Hidden Island Song

Charon, mit Bockwurst und Kartoffelsalat,
entgleitet die Korpulenz, noise-cancelled
die Songs des zornigen Reznor, dieselt er
zwischen den Welten, den Cutter am Hals:
Orpheus zahlt nicht, Orpheus singt.

Gäste des Augenblicks sind wir, Münzlutscher
in Überfahrt. Von der Mandel, Tropfen
des Lebens, zur Gischt am Enddorn:
Langgliedrige Rippengitter.

Zwischendurch ist’s Wolkenspiel, am Meer
pulsieren Wiesenwellen, mahlende Pferde,
der Zeit entgegen, rüsten
das Gesicht mit Strahlen.

In der türkisfarbnen Dünung schwebt
das Eiland, Sandskulptur und schmucker Stein.
Noch zwölf Schläge sind’s, dann:
Holüber und betritt die andre Welt.

Hoffnung trägt das Sandkorn im Gestrome,
niederschwebt an Buhne Elf
der Korken einer fahlen Nacht, im Sinkflug
Möwen im Falsett, Opera buffa mit Fährmann.

Pepperkorn und Künstlerkind wringen Taue zum Duett,
schwärzen Augenlicht mit feuchtem Sand,
leben im Ursprung als Fermate,
Gezeitenbrache, singt Orpheus kraftlos:
Von hier kehrt auch Eurydike nicht heim.