Der lächelnde Hase – Über Kunst sprechen

Im Podcast von Carsten Rabe und Madeleine Lauw liegt ein Gespräch mit Martin Kreyßig, ausgestrahlt am Montag, 17. November 2025 auf Freies Sender Kombinat Hamburg (FSK).

Wir haben über drei Filme gesprochen: „Das Figur-Grund-Problem in der Architektur des Barock (für dich allein bleibt nur das Grab)“, 1985/86, „Ich habe nichts zu sagen, und das sage ich“, 1999, sowie „Zeremonie für ein Double – Das dritte Auge“ aus dem Jahr 2010.

(v.l.n.r.) Martin Kreyssig, Carsten Rabe und Madeleine Lauw im Tonstudio des FSK Hamburg © Martin Kreyssig 2025

Kassenzettel

Es bediente Sie 91
Danke 91, gut gemacht, freundlich ist 91, fleißig auch, 91 hat Ideen, unterbreitet Vorschläge, 91 bringt sich ein, argumentiert, probiert Neues, plant im Voraus, schaut in die Zukunft, 91 analysiert, rekapituliert, kontrolliert, rechnet nach, 91 verschafft sich einen Überblick, 91 recherchiert, 91stes Lieblingswort, recherchiert nach unbekannten Lösungsansätzen, sucht unorthodoxe Wege, 91 setzt Maßstäbe im Projizieren von Strategien, Entwicklungsmaßnahmen, 91 kreiert die Zukunft mittels einer fundierten Analyse der Gegenwart, 91 übertrifft die gestellten Aufgaben, 91 löst Begeisterung aus, 91 verdient nicht nur anhaltenden Applaus, sondern auch eine Gehaltserhöhung plus einer Gratifikation zu Weihnachten, vielleicht Konfekt in einer Bonbonniere?
Es bediente Sie 91
Danke 91

Die Steinorgel

Die Steinorgel wird mit den Füßen gespielt. 13 Kieselsteine erklingen entsprechend ihrer Form und Färbung. Das Arrangement ist nach der Berührung und einer Verzögerung von 36 Millionen Jahren zu genießen.

Belgische Schamanen

Die Toten würfelten mit rosinengroßen Gehirnen, als Trommeltöne sie riefen. Eine Schamanin aus Belgien, groß gewachsen, schwarzhaarig, hockte in einem pränuraghischen Höhlengrab und schlug die „Blume des Lebens“. Sie blickten einander in die Augenhöhlen, die Schamanin und die Toten, die an den Stränden der Unterwelt ein entspanntes Leben führten. Robert Redford war gerade angekommen, die Schlange der Wartenden endlos und ständig warfen sie Münzen, um die Reihenfolge zu ändern.

Die Schamanin wollte einen Blick ins Jenseits werfen, Fühlkontakt aufnehmen. Doch die Toten scherten sich nicht um sie, rasselten fröhlich, sie werde noch genug Zeit haben das Jenseits zu erkunden, ewig sozusagen. Gekicher.
Sie erzählten vergnügt von dem Kurzfilm ‚La Pluie‘, den Marcel Broodthaers, ein echter belgischer Schamane, kürzlich unter begeistertem Gröhlen vorgeführt hatte. Ein Zauber, der Buchstaben in Tränen verwandelt. Der Kunstregen aus Wassereffekten hatte das Publikum zum Toben gebracht.

Das Gespräch erstarb, bevor es begonnen hatte. Die enttäuschte Schamanin stieg in den Mietwagen und nahm das Flugzeug zurück nach Belgien. Die Toten musizierten und klapperten mit den Knochen, Tonspur zu einem neuen cinéastischen Fest. Mal sehen, welche Schattenspiele Robert, The Lion, im Gepäck hat.

Wie eine Libelle vielleicht?

Ich erwachte vom Gewicht einer Libelle. Nicht die Berührung, ihr Blick hatte mich erschrocken. Sie kratzte sich den Hinterkopf, musterte die Kleiderlandschaft unter sich. Wir hielten stumm Eintracht, Sockel und Programm. Das Zwiegespräch ließ nicht deutlich werden, wer sprach und wer zuhörte. Es klang wohl so: »Ich möchte in einer Zwischenwelt schweben, ohne Ziel und Publikum, Welt aus Ziellosigkeit, ohne Ergebnis, Welt friedvollen Gleitens, etwas Schwereloses.« Fort war sie, und ich fiel zurück in die Träume der Nachmittagssonne.